22. Mai bis 12. Juni

„EXPERTINENZEN“ von Anna Hoffmann und Markus Stein wieder geöffnet!

Öffnungszeiten: 22.05, 29.05, 05.06. 12.06, jeweils von 17 bis 19 Uhr

Gute Nachrichten: Die Ausstellung „EXPERTINENZEN“ von Anna Hoffmann und Markus Stein ist ab Freitag, den 22. Mai bis Freitag, den 12. Juni wieder geöffnet. Es gelten die üblichen "Corona-Einschränkungen": Besuch nur mit Nasen-Mund-Schutz, jeweils ein/e Besucher/in bzw. eine "häusliche Gemeinschaft" (zwei Personen, die in häuslicher Gemeinschaft leben, brauchen keine 20 Raum-Quadratmeter, die dürfen näher beieinander stehen).
Ein Blick auf die einzelnen Arbeiten: Einfach auf die Bilder klicken!
Anna Hoffmann und Markus Stein haben die Ausstellung schon vor der Corona-Krise in den Räumen des kunstbalkons aufgebaut. Wegen der Pandemie war sie bisher nur virtuell zu besichtigen > https://goo.gl/maps/SoRqsJ1K1FxCHy3dA
Anna Hoffmann arbeitet mit elastischen Materialien. So wird die kunstgeschichtlich populäre „Laokoon-Gruppe“ von ihr neu interpretiert. Sie ersetzt den Marmor der antiken Skulptur durch Gummihandschuhe und Seil. Markus Stein zeigt Fotografien, die er unterwegs mit dem Handy eingefangen hat. Auf den Schnappschüssen sind Pflanzen zu sehen, die sich den urbanen Raum allmählich zurückerobern. So dokumentiert der Künstler seine Spaziergänge durchs Kasseler Stadtgebiet. Hoffmann und Stein treffen in einer gemeinsamen Videoarbeit aufeinander; in einer Endlosschleife werden Wangenküsse ausgetauscht, sodass das Begrüßungsritual zu einem mechanischen Prozess wird.

EXPERTINENZEN -Anna Hoffmann & Markus Stein

Vielleicht haben Sie sich schon mal gefragt, in vorcoronischen Zeiten, wie viel begrüßende Wangen küsse bei einer Ihnen bekannten Person die Regel waren. Um nicht in den Ruf zu kommen diese Person geringzuschätzen und zu wenig Bussis zu absolvieren. Oder gar zu viel, um das sensible Gleichgewicht des Begrüßungsaktes nicht aus der Waage zu bringen.

Aus dieser Unsicherheit heraus entstand das Video „You Were Never Lovelier" im Jahr 2011 als Gemeinschaftsarbeit der beiden Künstler. Um die Wertschätzung der befreundeten Person aufrechtzuerhalten, endet dieses Begrüßungsritual einfach nie.
Die im Video getragene Kleidung findet man an der Säule des Kunstbalkons, fein säuberlich drapiert. Das Jackett und das Kleid sind jeweils mit einem Stickrahmen versehen, in dem, statt einer Stickerei, ein quietschpinkes, gekautes Kaugummi klebt und die beiden Kleidungsstücke verbindet.

Ein Alltagsmalheur - fein eingerahmt und platziert.
An der großen Wand im Hauptraum sind Fotografien und Zeichnungen von Markus Stein zu sehen. Sie zeigen zum Teil exotische wirkende Pflanzenfotografien und weiße Blätter mit Tuschezeichnungen. Der Künstler hat auf Spaziergängen mit der Handykamera die Natur eingefangen, die im urbanen Raum wächst und sich ausbreitet. Die Zeichnungen neben den Schnappschüssen zeigen abstrakte, lineare Formen. Sie wirken zu schematisch, um zufällig zu sein.

Doch ergeben sie keinen Sinn, da sie scheinbar alles verdecken oder, im Gegensatz, alles ermöglichen. Sie markieren Leerstellen ohne einen Kontext.
Die in den Ecken des Ausstellungsraumes kriechenden „Holothurien", besetzen laut Anna Hoffmann auch eine Leerstelle in der evolutionären Entwicklung. Sie sind etwas, was hätte entstehen können.

Ein Lebewesen zwischen Pflanze und Tier, eine Möglichkeitsblase der Erdgeschichte.
In der Raummitte sieht man ein Podest. Sinnbild eines Präsentationsvehikels jeglicher dreidimensionaler Kunst, selbst umschlossen von einer Blase aus Latex. Erkennbar nur durch den Ballonknoten, der das auszustellende Objekt zu sein scheint.

Die Künstlerin entnimmt das Podest damit der Welt. Es verharrt im eigenen Kosmos.
Gleich der kleinen Fotografie zwischen Eingangstür und Fenster, die den Himmel über Kassel zeigt. Schemenhaft ist jedoch der Umriss von Neuseeland zu erkennen. Anna Hoffmann orientiert sich hier an einer Annahme der historischen Wissenschaft, daß die Erde eine nach Innen gestülpte Kugel sei. Demnach leben wir nicht auf der Oberfläche einer Vollkugel, sondern auf der Innenfläche einer Hohlkugel. Die Rundung der Erde ist nicht konvex, sondern konkav.

Ein in sich geschlossener Kosmos, dessen vermeintliche Oberfläche das Innere ist. Die Welt dreht sich um sich selbst.
Dominiert wird der Ausstellungsraum, trotz der abgelegenen Hängung, durch die große Plane im Türbogen der Raumerweiterung nach hinten. Auf der Plane sieht man drei der heutzutage mehr denn je vertrauten Latexhandschuhe mit einem Seil gefesselt. Dargestellt ist hier die kunstgeschichtlich viel diskutierte „Laokoon-Gruppe".

Der mit seinen zwei Söhnen um sein Leben kämpfende Seher von Troja ist hier mit alltäglichen Materialien in Szene gesetzt. Die von Athene geschickten Schlangen werden zu einem Seil, das den kämpfenden Einweghandschuhmännern die Luft abzuschnüren scheint.

Mit leicht schelmischer Lust transformiert Anna Hoffmann damit die Szenerie und präsentiert sie, ähnlich, wie die heut ausgestellte Laokoon-Gruppe in den Vatikanischen Museen in einem Türbogen.
Schaut man nun nach links in die rohe Nische des Kunstbalkons, findet man eine gerahmte Fotografie von Markus Stein. Kaleidoskopartig leuchtet dort eine abstrakte Form auf, die, laut Markus Stein, eine tiefe Sehnsucht nach etwas Unerreichbarem widerspiegelt.

Verloren ist der Blick in der Ungewissheit.
kunstbalkon
Frankfurter Straße 62
34121 Kassel
0561 3165420
Wir danken dem Kulturamt der Stadt Kassel